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Wie erreiche ich als Händler das richtige Zahlungsziel für mein Geschäft?

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Jeder Händler kennt diese Situation: Die Ware ist noch nicht einmal teilweise  verkauft, da flattert schon die Warenrechnung ins Haus und mit ihr die Aufforderung sofort zu zahlen. In den Betrieb eingebrachtes Eigenkapital und auch die Kreditlinie sind da schnell ausgeschöpft. Das ist nicht nur in der Startphase eines Unternehmens eine starke finanzielle Belastung – auch im laufenden Geschäft kann schnell die Liquidität des Unternehmens gefährdet werden. In diesem Artikel möchten ich Ihnen aufzeigen wie Sie, mit geschickt verhandelten Zahlungszielen, Liquiditätsvorteile für Ihr Unternehmen schaffen.

Was genau ist ein Zahlungsziel?

Das Wirtschaftslexikon Gabler definiert das Zahlungsziel wie folgt: Bezeichnung für einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt, zu dem eine Geldschuld bezahlt werden soll. Das Recht der Schuldverhältnisse sieht nach § 271 BGB vor, dass der Kaufpreis Zug um Zug bei Lieferung zu leisten ist, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde.

Sofern Sie kein abweichendes Zahlungsziel verhandelt haben, bedeutet das, ...

... dass der Kaufpreis sofort bei Lieferung der Ware fällig ist. Auf der Rechnung steht dann immer ‘Zahlung sofort nach Erhalt der Rechnung’. Die Erwartungshaltung in der Wirtschaft geht davon aus, dass der Betrag innerhalb von 10 bis 14 Tagen auf dem Konto des Lieferanten eingeht. Ist das nicht der Fall, so gehen nach 2 - 4 Wochen die ersten Mahnungen raus.

Welche Vorteile kann ein Zahlungsziel für mein Unternehmen haben?

Die Vereinbarung eines Zahlungsziels mit dem Lieferanten hat für Händler folgende Vorteile:

  • Das Eigenkapital wird geschont und steht für langfristige Investitionen im Anlagevermögen zur Verfügung.
  • Die Kreditlinien werden nicht so stark ausgenutzt, was als Risikopuffer für einen schwankenden Geschäftsverlauf günstig ist, daneben fallen auch weniger Kreditzinsen an.
  • Das Zahlungsziel ist ein Kredit des Lieferanten, der i.d.R. ohne Verzinsung gewährt wird.
  • Vereinbarte und eingehaltene Zahlungsziele schaffen Vertrauen in der Geschäftsbeziehung.
  • Die Argumentation zur Begründung eines Zahlungsziels zeigt dem Lieferanten, dass man sein Geschäft kennt und auch versteht.

Die Liquiditätsvorteile liegen auf der Hand, da bis zum Bezahlen der Rechnung in der Regel schon einige der Waren verkauft sind. So kann die Rechnung zum Teil aus der Umsatztätigkeit (neudeutsch Cash-Flow) bezahlt werden. Schaffen Sie es, sich mit Ihren Lieferanten auf längere Zahlungsziele zu einigen, schonen Sie damit Ihre Liquidität.

Welche Zahlungsziele sind üblich? Muss ich mich an diese halten?

Für Sie als Händler ist natürlich ein möglichst spätes Zahlungsziel erstrebenswert. Trotzdem sollten Sie auch keine unrealistischen Forderungen stellen, um Ihre Lieferanten von Ihren Vorstellungen überzeugen zu können. Zur Orientierung: Die gewährten Zahlungsziele liegen in Deutschland bei durchschnittlich 20 bis 21 Tagen. In anderen Ländern sind auch deutlich höhere Zahlungsziele üblich (in Belgien liegt die Anzahl der Tage bei 35,7, in Großbritannien bei 37,0, in Frankreich bei 39,1 und in Spanien bei 58,4 Tagen).

Aber wie verkaufe ich jetzt meinem Lieferanten, dass ich ein längeres Zahlungsziel haben möchte?

Die Argumentation über das durchschnittlichen Zahlungsziel ist sehr allgemein und wird deswegen wenig hilfreich sein. Zielführender ist es, sich zunächst einmal sein eigenes Geschäft anzusehen und zu analysieren, wie viel Zeit es im Durchschnitt braucht, bis aus dem Wareneingang (Entstehen der Verbindlichkeit) ein Geldeingang (aus dem Verkauf der Ware) auf dem Bankkonto wird. Machen Sie sich selbst einmal deutlich, welche Zeiträume Sie aktuell finanziell überbrücken müssen.

Dabei sind die folgenden Rahmenbedingungen zu berücksichtigen:

  • Lagerumschlagshäufigkeit: Wie lange liegt die Ware durchschnittlich in Ihrem Lager oder Verkaufsraum bis sie verkauft ist?
  • Wie lange müssen Sie auf Ihre Einnahmen warten? Verkaufen Sie gegen Barzahlung oder gegen Rechnung? Gewähren Sie vielleicht selber Zahlungsziele gegenüber Ihren Kunden?
  • Gibt es Schwankungen in der Saison, d.h. unterschiedlich hohe Lagerbestände im Jahresverlauf?
  • Können Sie auf Abruf zukaufen oder nicht?
  • Wie lange besteht die Geschäftsbeziehung?
  • Können Sicherheiten gestellt werden?

Je länger Sie selbst auf Ihr Geld warten müssen, umso besser können Sie mit Ihren Lieferanten über ein verlängertes Zahlungsziel verhandeln, denn dann sind Ihre Forderungen unternehmerisch gerechtfertigt und für den Lieferanten nachvollziehbar.

Der beste Weg zur Vereinbarung eines Zahlungsziels ist es, dies im Vorfeld der Bestellung oder gar der Geschäftsbeziehung zu tun. Aber auch in bestehenden Geschäftsbeziehungen kann das Zahlungsziel neu verhandelt werden. Dabei darf bei dem Lieferanten jedoch nicht der Eindruck entstehen, dass man schon in Liquiditätsschwierigkeiten ist, denn dann bekommt die Verhandlung einen anderen Charakter.

  • Sagen Sie einleitend z.B., dass Sie von einem Steuerberater den Tipp bekommen haben, Ihr Unternehmen an einigen Punkten effizienter zu gestalten und, dass Sie vorhaben, Ihre Zahlen und Abläufe für die Zukunft zu optimieren und aufzuräumen.
  • Erwähnen Sie, dass das Thema Zahlungsziele ein Vorschlag von ihm war, der Ihnen, wenn Sie sich die Rahmenbedingungen Ihres Unternehmens ansehen, sehr einleuchtend erscheint und dass Sie diesen neuen Weg nun mit allen Lieferanten gehen wollen.
  • Nennen Sie nun einige Punkte aus der oben stehenden Liste, die auf Ihr Unternehmen im Bezug auf diesen Lieferanten zutreffen. Machen Sie hier deutlich, dass Sie selbst lange auf Ihre Zahlungseingänge warten müssen.
  • Sollte Ihr Lieferant sich auf längere Zahlungsfristen nicht einlassen, versuchen Sie, zumindest ein Skonto zu vereinbaren oder Ihre Skontokonditionen zu verbessern, z.B. von 2% auf 3 % oder eine Verlängerung des Skontos um z.B. drei Tage zu erreichen.

Kann ich ein Zahlungsziel nachträglich verhandeln?

Klare Antwort: nein! Ein Zahlungsziel kann nur verhandelt werden, wenn das Geschäft noch nicht getätigt wurde. Aber man kann es doch nachträglich noch versuchen, oder? Leider nein – in einem solchen Fall verhandelt man über die Stundung eines fälligen Anspruchs und nicht über ein noch nicht getätigtes Geschäft.

Was ist hier der Unterschied zwischen der Stundung eines fälligen Anspruch und einem Zahlungsziel?

Bei einer solchen Verhandlung geht es darum, die Fälligkeit in einer Summe nach hinten zu schieben, damit keine Betreibungsmaßnahmen eingeleitet oder Verzugszinsen fällig werden. Es kann auch eine Ratenzahlung vereinbart werden. Es gibt auch Lieferanten, die in einer laufenden Geschäftsbeziehung mit regelmäßigen Umsätzen einen Kontokorrentrahmen einräumen, innerhalb dessen man sich bewegen muss bzw. kann.

Bei einer Ratenvereinbarung zur Zahlung von Lieferantenverbindlichkeiten muss man darauf achten, dass daraus kein Darlehen wird. Durch diese Novation bzw. Umwandlung der offenen Rechnungen in ein Darlehen kann im Falle eines Ausfalls der Forderung die Umsatzsteuer nicht mehr vom Finanzamt zurückgefordert werden.

Fazit

Wie wichtig das Thema Liquidität ist, merken viele Händler erst, wenn sie in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Die frühzeitige Vereinbarung von Zahlungszielen mit Ihren Lieferanten ist eine von vielen, hilfreichen Maßnahmen, mit deren Hilfe Sie Liquiditätsproblemen in Zukunft aus dem Weg gehen können.

Ich wünsche Ihnen viel Glück bei der Verhandlung mit Ihren Lieferanten! Über Feedback bei erfolgreich durchgeführten Zahlungszielvereinbarungen würde ich mich natürlich sehr freuen.

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Heinz Potthast

Autor: Heinz Potthast

Heinz Potthast ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer mit einem großen Erfahrungsschatz durch seine langjährige Tätigkeit bei namhaften Gesellschaften wie KPMG und PKF. Er ist das Gesicht, das übergeordnete Kontrollgremium und der Leiter unserer Kanzlei. Er betreut jeden unserer Kunden persönlich. Heinz Potthast is tax consultant in Germany with an huge international network to help companies all over the world.

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