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So machen Sie Kunden glücklich: Weniger Rücksendungen und besseres Retourenmanagement (+ 10 Tipps)

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Der Umgang mit Retouren – eines der großen Themen im Online-Handel – stellt einen kritischen Erfolgsfaktor dar: Retouren verursachen Kosten und einen hohen Verwaltungsaufwand. Doch viele Händler messen relevante Zahlen gar nicht und verpassen so die Chance, wichtige Informationen zu sammeln. Wie Sie Ihre Retourenquote senken und was Sie von Ihrer Konkurrenz lernen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Wie viele Retouren gibt es durchschnittlich und wieso?

Die meisten Rücksendungen erfolgen im Januar, Februar und März – es ist leicht ersichtlich, warum: Ungeliebte oder unpassende Weihnachtsgeschenke werden umgetauscht.

Doch auch zu anderen Zeiten des Jahres wird zurückgeschickt, besonders im Online-Handel. Große Händler werben ganz bewusst mit Regelungen wie dem 100-tägigen Rückgaberecht, denn das stärkt das Vertrauen der Kunden und animiert eher zu einer Bestellung.

Aber längst nicht jede dieser Bestellungen wird letztendlich auch zu einem Kauf: Zalando hat eine Rücksendequote von 50%. Manch einer spricht daher schon von einer “Buy first, think later”-Kultur, die sich unter Konsumenten entwickelt hat.

Die genaue Höhe der Retourenquote ist dabei natürlich von der Branche abhängig.

Bildschirmfoto_2016-09-16_um_11.58.38.pngQuelle: Ibi Research

Ebenso verschieden wie die Quote können die Gründe für die Retoure sein. Aus Sicht der Händler ergeben sich diese Ursachen:

Bildschirmfoto_2016-09-16_um_11.59.56.pngIn verschiedenen anderen Umfragen gab sogar ein Drittel der Konsumenten an, gelegentlich Ware ohne Kaufabsicht zu bestellen, um sie beispielsweise nach dem einmaligen Tragen wieder zurück zu schicken. Wie Sie diesem Problem entgegenwirken können, können Sie weiter unten in unseren Tipps lesen.

Aber wie viel Einfluss hat das Rücksenden von Waren auf Ihren Umsatz?

Wie viel kostet eine Retoure?

Zum Einen bedeutet eine Retoure, dass das Produkt nicht gekauft wird – es folgt also kein Umsatz, obwohl die Ware verpackt, verschickt und wieder zurückgenommen worden ist. Die Kosten, die verursacht werden, berechnen sich aus dem (eventuellen) Rücksendeporto, den Material- und Personalkosten für die Wiederaufbereitung oder Wiedereinlagerung sowie aus der Wertminderung der Ware.

Die meisten Online-Händler nutzen keinen Dienstleister bei der Abwicklung von Retouren und können die entstehenden Kosten pro Retoure nur schwer einschätzen. In der Bekleidungsbranche wird von ca. 15€ pro Retoure ausgegangen.

Nach einer neuen EU-Verbraucherrichtlinie ist es möglich, dass Händler die Kosten für Retoure auf den Kunden übertragen können. Große Unternehmen wie Zalando oder H&M werben aber ganz bewusst damit, dass sie keinen Gebrauch von dieser Richtlinie machen und verschaffen sich somit einen Wettbewerbsvorteil. Amazon bietet mittlerweile nur noch einer bestimmten Kundengruppe die kostenlose Retoure an. Dadurch, dass nur noch Amazon-Prime Mitglieder kostenlos zurückschicken können, sind die Kunden vermutlich eher dazugeneigt ein Prime-Mitglied zu werden, wodurch die Kunden mehr ans Unternehmen gebunden werden. 

Zwei Drittel der kleinen und mittelständischen Händler legen die Kosten allerdings trotzdem auf ihre Kunden um und konnten seitdem immerhin einen Rückgang der Rücksendequote um 26% verzeichnen.

Ob dadurch nicht auch die Käufe generell zurückgegangen sind, ist jedoch fraglich.

Eine Kostenfalle: Retouren, die nicht wieder verkauft werden können

So manche Ware kommt aber nicht ordentlich verpackt oder gefaltet wieder zurück, sodass sie direkt in das (virtuelle) Regal gestellt werden könnte. Die prozentuale Aufteilung des Zustandes der Retouren ist dabei natürlich von Ihren Produkten und der Branche abhängig.

Beispielsweise sieht sie bei einigen Händlern so aus:

Bildschirmfoto_2016-09-16_um_12.00.30.pngWenn die Kosten für die Wiederaufbereitung oder Verpackung der Ware den Verkaufswert übersteigen, kann sie als Bonus mitgegeben werden, zum Beispiel als Treuegeschenk in einem Kundenkarten-System. Es ist auch möglich, weniger schöne Ware in einem eigenen Outlet zu verkaufen.

Das macht die Konkurrenz – alles zurücknehmen als Wettbewerbsvorteil?

Trotz der entstehenden Kosten bei einer Retoure gibt es weltweit einige Einzelhändler und Handelsketten, die jedes Produkt zurücknehmen und dies auch offen kommunizieren – was aus der Sicht der Konsumenten einen Wettbewerbsvorteil darstellen kann.

  • Athleta Sportsachen nimmt jedes Kleidungsstück zu jeder Zeit aus jedem Grund zurück
  • Trader Joe’s, bekannt aus Supermärkten, nimmt ebenfalls alles zurück, “ohne Fragen zu stellen”

Wenn Sie jedoch keine lockere Rückgabepolitik fahren und Ihre Retourenquote senken oder die Kosten durch die Retouren niedrig halten wollen, sind diese 10 praktischen Tipps für eine geringere Retourenquote interessant für Sie:

10 Tipps für eine geringere Retourenquote

Tipp 1: Die Produktbeschreibung und Produktbewertungen

Die meisten Ihrer Konkurrenten setzen auf eine detaillierte Produktbeschreibung und -darstellung, zum Beispiel über die Zoom-Option bei Fotos. Beliebt sind auch Produktvideos, um Retouren zu vermeiden. Dieser Tipp zielt vor allem darauf ab, die Zahl der Retouren zu senken, die darin begründet liegt, dass dem Kunden das Produkt nicht gefällt.

Ebenfalls bewährt hat sich dabei, auf der Produktseite Produktbewertungen und Kundenrezensionen einzubinden – Produkte mit Bewertungen haben in der Regel eine niedrigere Retourenquote. In der Bekleidungsbranche hat es sich dabei stellenweise etabliert, nicht nur die Möglichkeit zum Hinterlassen eines Kommentars oder der Vergabe von Sternen anzubieten, sondern ganz konkret zu fragen, ob das Produkt der üblichen Größe entsprochen hat oder eher anders ausgefallen ist.

Denn: Konkrete Fragen werden auch konkret beantwortet. Dieses Prinzip lässt sich möglicherweise auf andere Branchen übertragen.

Gerade bei komplexeren, technischen Produkten sollten Sie außerdem den Produktvergleich in Ihrem Shop so einfach wie möglich gestalten.

Vergessen Sie nicht, Ihre Kunden nach Abschluss eines Kaufs dazu aufzufordern, eine Bewertung abzugeben.

Tipp 2: Retourenwahrscheinlichkeit prüfen und per Vorkasse zahlen lassen

Eine Überprüfung der Retourenwahrscheinlichkeit erfolgt selten bei einem Warenkorb unter 100€, denn das ist natürlich auch mit Aufwand verbunden.

Grundsätzlich besteht in einem Online-Shop aber die Möglichkeit, Kunden in dieser Hinsicht unterschiedlich zu behandeln und so eine Senkung der Retourenquote zu erzielen: Denn bei dem Zahlungsverfahren Vorkasse ist die Retourenquote deutlich geringer.

Weil diese Zahlungsmethode bei den meisten Kunden als einzige angebotene Methode aber nicht sehr beliebt ist und möglicherweise einen Kauf sogar verhindert, bietet es sich an, nur Kunden mit einer hohen Retourenwahrscheinlichkeit ausschließlich über Vorkasse kaufen zu lassen.

Tipp 3: Gratisversand oder Rabatte

Umgekehrt können Sie Kunden mit einer niedrigen Retourenwahrscheinlichkeit “belohnen”, indem Sie Gratisversand oder Rabattgutscheine anbieten. Kommunizieren Sie das im Vorfeld, kann es als zusätzlicher Anreiz verstanden werden, Ware nicht zurückzuschicken.

Denkbar wäre beispielsweise eine Art Punktesystem – Ihr Kunde sammelt durch nicht zurückgeschickte Einkäufe Punkte und erhält bei bestimmten Meilensteinen einen Bonus.

Mitbewerber wie Jet.com aus den USA bieten bspw. kurz vor Abschluss des Einkaufs einen Rabatt auf den Wert des Warenkorbs, wenn man sich im Gegenzug bereit erklärt, darauf zu verzichten, etwas zurückzuschicken.

Tipp 4: Reservieren statt mehrfach bestellen

In der Modebranche ist einer der häufigsten Gründe für Retouren – natürlich – falsche Größen. Weil Ihr Kunde nicht genau weiß, welche Größe ihm passt, bestellt er gleich mehrere. Dass davon einiges wieder zurückkommt, liegt in der Natur der Sache.

Um diese mehrfachen Bestellungen durch verschiedene Größen zu vermeiden, bieten Sie dem Kunden stattdessen an, das Produkt in anderen Größen zu reservieren, aber erst einmal nur in einer Größe zu bestellen.

Passt die bestellte Größe nicht, wird die reservierte Größe nachgesendet und auf diesem Weg gleich die Retoure abgeholt.

Tipp 5: Kreativität bei der Verpackung

Verpackungen, die Ihr Kunde nutzen kann, können die Retourenquote senken. Denn für die Rücksendung müsste er die Verpackung ja ebenfalls zurückschicken. Bietet Sie ihm einen Mehrwert, möchte er sie behalten. Generell erhöht eine wertig aussehende Verpackung außerdem die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde das Produkt behalten möchte.

Bei Spielzeugen kann der Karton zum Beispiel als Mal- oder Bastelvorlage dienen, bei Lebensmitteln können abtrennbare Schilder für Einweckgläser eingearbeitet werden usw.

Tipp 6: Schneller Versand

Je weniger Zeit zwischen dem Kauf des Kunden und dem Erhalt der Ware liegt, desto besser. Ein schneller Versand kann daher entscheidend für die Retourenquote sein: Liegt der Kauf schon lange zurück, hinterfragt und bereut der Kunde diese Entscheidung eher, als wenn er sich noch gut daran erinnern kann.

Tipp 7: Durch Retouren Kunden in die Filiale holen

Wenn Sie einen Online-Shop anbieten und zusätzlich eine Filiale haben, können Sie die Gelegenheit der Retoure nutzen, um Ihre Kunden in das stationäre Geschäft zu holen – und dort beispielsweise besondere Aktionen oder Angebote präsentieren.

Weisen Sie Kunden auf der Webseite darauf hin, dass ein Umtausch im Laden meist schneller und unkomplizierter abläuft und im Zuge des nächsten Einkaufs erledigt werden kann.

Viele Kunden möchten dann natürlich das bezahlte Geld zurück, aber Sie haben dennoch die Möglichkeit, Warentausch, Geschenkgutscheine oder Gutschriften mehr zu bewerben – zum Beispiel, indem Kunden dabei einen kleinen Rabatt erhalten.

So binden Sie die Kunden trotz Umtausch länger an Ihr Geschäft.

Tipp 8: Sichtbare Etiketten

Ja, es gibt Kunden, die etwas bestellen (in den häufigsten Fällen Kleidung), es einmal tragen und dann wieder zurückschicken – weil sie nie vorhatten, es zu kaufen!

Dagegen kann helfen, gut sichtbare, große Etiketten an der Kleidung anzubringen. Dazu packen Sie den Hinweis, dass die Ware nur mit den unversehrten Etiketten zurückgegeben werden kann.

Tipp 9: An das Umweltbewusstsein appellieren

Abgesehen davon, dass Retouren hohe Kosten für Sie verursachen, sind sie durch den doppelten Transport auch schädlich für die Umwelt.

Wirkt der Warenkorb so, als würde der Kunde Einiges zurücksenden – zum Beispiel wenn sich darin ein Artikel in verschiedenen Größen befindet – kann automatisiert eine Mahnung verschickt werden, die an das Umweltbewusstsein appelliert. Bieten Sie dann stattdessen eine Reservierung der anderen Größen an, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Kunde mehrfach bestellt und zurücksendet.

Generell haben Einkäufer bei einem Online-Shop viel seltener ein schlechtes Gewissen beim Umtausch als bei einem Einzelhändler in der Stadt, denn er ist anonym.

Tipp 10: Individualisierte Artikel

Bei individualisierten Artikeln ist die Retourenwahrscheinlichkeit um einiges geringer – und die Artikel müssen in vielen Fällen auch nicht zurück genommen werden. Natürlich ist das nicht bei jedem Produkt umsetzbar, aber gerade vor dem Weihnachtsgeschäft eine Überlegung wert.

Methoden wie Einweg-Verpackungen oder absichtlich keinen Retourenschein mitzuschicken, damit der Käufer Schwierigkeiten bei einem Umtausch hat, senken zwar möglicherweise Retourenquote, vermutlich aber auch die Kundenzufriedenheit.

Bedenken Sie, dass angepriesene Maßnahmen, die die Retourenquote senken, möglicherweise auch die Anzahl der Bestellungen insgesamt weniger werden lassen. Denn viele Maßnahmen, die zu vermehrten Rücksendungen führen (verlängertes Rückgaberecht, Zahlen per Rechnung u.w.), bauen gleichzeitig das Vertrauen in den Online Shop auf.

Trends für die Zukunft

Durch die Digitalisierung des Handels eröffnen sich außerdem neue Möglichkeiten, mit denen gerade in der Textilbranche Retouren aufgrund von falscher Passform vermieden werden können. Bei diesen überwiegend aus dem englischsprachigen Raum stammenden Ideen lohnt es sich, ein Auge darauf zu werfen, denn sie bestimmen möglicherweise den Handel von morgen:

  • Bei shoefitr wird auf Basis der bereits gekauften Schuhe berechnet, welche Größen von anderen Marken wahrscheinlich für die Füße des Kunden passen können.
  • Bei der App Fitiquette können Einkäufer Kleidung virtuell anprobieren.
  • Mit Upcload kann ein Online-Käufer per Webcam seine Körpermaße nehmen lassen und anschließend genau sehen, welche Größen ihm wie gut passen.
  • Mixstyler, ebenfalls eine App, bietet die Möglichkeit, an einem virtuellen Model verschiedene Kombinationen an Kleidungsstücken anzuprobieren und direkt in den Warenkorb zu legen.
  • Das Tool Fits.Me sammelt Daten über die Größe wie auch die Vorlieben der Einkäufer und schlägt passende Produkte vor.

Retouren in der Buchhaltung

Retouren verursachen nicht nur Transport-, sondern auch Verwaltungskosten, denn sie müssen korrekt in der Buchhaltung abgebildet werden. Besonders die Erstellung von Gutschriften, bei der häufig noch andere Rabatte und Gutscheine berücksichtigt werden müssen, ist aufwendig.

Bei manchen Shop- oder Warenwirtschaftssystemen kann eine Retourenverwaltung direkt angeschlossen werden, sodass der Kunde im Online-Shop beispielsweise selbst den Retourenschein ausdrucken kann.

Bei der Verarbeitung von Retouren entstehen Daten über die Häufigkeit bei bestimmten Produkten, die genutzt und weiterverarbeitet werden sollten.

Damit sich der Verwaltungsaufwand begrenzen lässt und alle Transaktionen korrekt in der Buchhaltung abgebildet werden können (und Sie bei der nächsten Betriebsprüfung keine böse Überraschung erleben), ist ein automatisierter Abgleich zwischen den verschiedenen Schnittstellen nötig.

Wenn Sie Fragen dazu haben, rufen Sie mich gerne persönlich unter 0203 - 44 98 999-13 an.

Fazit

Retouren sind ein notwendiges Übel – für Händler meistens genauso wie für die Kunden. Nutzen Sie die Daten, die Ihnen durch Ihr Warenwirtschaftssystem zur Verfügung stehen, um die häufigsten Ursachen für Rücksendungen zu ermitteln und probieren Sie den ein oder anderen Tipp aus.

Ich hoffe, Ihnen damit einige Anregungen zu diesem Thema mitgegeben zu haben. Welche Erfahrungen haben Sie mit Retouren in Ihrem Geschäft macht? Hinterlassen Sie uns einen Kommentar!

Titelbild: Retoure_98101060©Narong Jongsirikul

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Heinz Potthast

Autor: Heinz Potthast

Heinz Potthast ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer mit einem großen Erfahrungsschatz durch seine langjährige Tätigkeit bei namhaften Gesellschaften wie KPMG und PKF. Er ist das Gesicht, das übergeordnete Kontrollgremium und der Leiter unserer Kanzlei. Er betreut jeden unserer Kunden persönlich. Heinz Potthast is tax consultant in Germany with an huge international network to help companies all over the world.

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